Netzwerk-Infrastruktur im ÖPNV-Fahrzeug: Proof of Concept

20 Okt, 2021

Digitalisierung in Bus und Bahn? Nicht ohne ein Netzwerkkonzept. Moderne, IP-basierte Netzwerk-Infrastrukturen werden mithilfe von Ethernet-Switches realisiert und bedürfen einer gründlichen Planung. Nach einer Einführung in die typischen Projektphasen zur Realisierung eines IP-Netzwerks, betrachten wir nun die erste Phase, das Proof of Concept, ins Detail. Dabei gilt es, eine optimale Onboard-Netzwerkinfrastruktur zu entwickeln und ihre Durchführbarkeit zu überprüfen und zu belegen.

 

Wie ist der aktuelle Stand der Technik?

Wie bei jeder Neuentwicklung, macht es auch bei neuen Netzwerkprojekten im ÖPNV Sinn, sich zunächst über den Stand der Technik zu informieren. Fachverbände wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), die internationale ÖPV-Assoziation UITP und die Initiative für Interoperabilität ITxPT bieten Unterstützung zu State-of-the-Art- bzw. standardisierte Netzwerkarchitekturen.

 

Netzwerkkonzept erstellen: Das Lastenheft

Auf dem Weg zur optimalen Netzwerkinfrastruktur gilt es Fragen zu beantworten wie:

  • Welche Komponenten gehören ins Netzwerk?
  • Zu welchem Zweck werden diese eingesetzt?
  • Was für Funktionalitäten sollen die Komponenten besitzen?

Das genaue Vorhaben bzw. die einzelnen Komponentenspezifikationen werden in einem Lastenheft erfasst und näher definiert. Darin sollen also die Anforderungen an das Netzwerk genau beschrieben werden. Am Beispiel von IP-Kameras wären typische Anforderungen die Anzahl der einzubauenden Kameras pro Fahrzeug, die Aufnahmedauer und ob die Videodaten live gestreamt oder lediglich gespeichert werden sollen.

 

Netzwerk definieren: Die Details

Damit ein IP-Netzwerkkonzept funktioniert, soll es bis ins Detail geplant sein. Dabei sollen alle Komponenten bestimmt werden, insbesondere ihre Anzahl und wie Sie miteinander physikalisch vernetzt sind. Des Weiteren gilt es zu definieren, wie die Adressierung innerhalb des Netzwerks erfolgen soll: mittels eines zentralen DHCP Servers, mehrerer lokaler DHCP-Server oder statisch. Ebenfalls wichtig: Ob eine Segmentierung des Netzwerks vorgenommen werden soll, damit nur bestimmte Endgeräte Daten untereinander austauschen können. Das ist insbesondere bei Endgeräten, die sensible Daten verarbeiten (W-LAN, offene Bezahlsysteme) relevant.

 

Komponenten auswählen: Kompatibilität

 

Die Kompatibilität bezieht sich sowohl auf die physikalischen Anschlüsse als auch auf die Software-Schnittstellen. Dadurch werden eine herstellerunabhängige Integration und Austauschbarkeit aller Komponenten ermöglicht. Bei der Auswahl geeigneter Komponenten geben Standards wie IBIS-IP (VDV 301) sowie das ITxPT-Label Orientierung, um die Interoperabilität der Komponenten sicherzustellen.

Abhängig von der definierten Netzwerkarchitektur, ergeben sich für Endgeräte unterschiedliche netzwerktechnische Anforderungen. Soll das Netzwerk durch den Einsatz von VLANs segmentiert werden, so leitet sich daraus die Anforderung an VLAN-fähige Endgeräte ab. Dasselbe gilt für die Verteilung von IP-Adressen: Sollen IP-Adressen über einen DHCP-Server verteilt werden, müssen die Endgeräte die Funktion eines DHCP-Clients unterstützen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Wahl der passenden Endgeräte zu einer einfachen und schnellen Umsetzung der IP-Netzwerkinfrastruktur beiträgt.

 

Laborerprobung: Der erste Praxistest

 

Um sich mit den ausgewählten Komponenten vertraut zu machen und in der Praxis zu testen, wird eine Laborerprobung durchgeführt. Dabei wird die Netzwerkinfrastruktur im Zusammenspiel mit den Endgeräten getestet. Im Einzelnen sind Einstellungen an Router und Switch sowie Endgeräten so vorzunehmen, dass Sie den Vorgaben der Netzwerkplanung entsprechen.

Checkliste:

  • Einstellungen an Netzwerkinfrastruktur Komponenten vornehmen
  • Einstellungen an Bordrechner und Endgeräten vornehmen
  • Test mit produktiven Daten (z.B. Kamera-Stream auf Bildschirm)
  • Sicherung der Konfigurationsdateien aller Komponenten

 

Dokumentation: Den Plan festhalten

Das Proof of Concept wird mit einer ausführlichen Dokumentation des bisher Erreichten beendet, damit die nächste Phase reibungslos vonstattengehen kann. Dazu gehören:

  • Übersicht aller Geräte
  • Verdrahtungsschema
  • IP-Adressen
  • Konfigurationen einzelner Geräte

Mit all diesen Maßnahmen soll ein Massen-Rollout durch eine Eins-zu-eins-Übertragung ermöglicht werden. Die Implementierung der Netzwerkarchitektur soll so einfach und fehlerfrei wie nur möglich verlaufen.

 

Finalisierung: Letzte Abstimmungen

Die Proof of Concept-Phase eines Netzwerkinfrastrukturprojektes für den Bus oder die Bahn wird mit ein paar letzten Zusammenfassungen und Abstimmungen finalisiert. Checklisten erleichtern den IP-Netzwerkaufbau bzw. das Rollout. Ebenfalls sinnvoll zu erstellen sind Trobleshooting-Listen. Zu guter Letzt sind diese mit allen Beteiligten wie Netzwerkarchitekten, IT-Team, Fahrzeugtechnikern und Flottenmanager abzustimmen.

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